Kognition und Schmerz“ - eine Therapeutische Anekdote

 

Der Vater einer Freundin von mir, der leidenschaftlich gern in den Wald geht und Pilze sammelt, erzählte mir einmal folgende Begebenheit:

 

„Ich kenne mich ja unheimlich gut aus im Wald mit all seinen Gefahren und Überraschungen, die er so zu bieten hat. So macht es mir wirklich nichts, wenn ich auf der Suche nach meinen Pilzen durch das Unterholz streife und dabei immer wieder Schläge ins Gesicht kriege, an den Armen und Füßen aufgekratzt und zerstochen werde. Ja häufig wundere ich mich sogar hinterher,wo es überall blutet und wo überall Kratzer zutage treten, ohne dass ich überhaupt irgendwann einmal bemerkt hätte, dass ich mich verletzt habe.

 

Einmal jedoch habe ich, ich weiß nicht mehr, ob im Radio oder in der Zeitung, davon erfahren, dass seit neuestem in unserer Gegend auch wieder Giftschlangen beobachtet worden sind. Man hatte gerade wieder einen Pilzsammler ins Krankenhaus eingeliefert und ihn nur mit Mühe gerettet. Als ich am Morgen in den Wald ging, um wie gewohnt Pilze zu sammeln,habe ich an diese Meldung überhaupt nicht mehr gedacht. Zunächst war auch alles wie sonst immer.

 

Doch irgendwann, es war inzwischen auch etwas wärmer geworden, spürte ich plötzlich einen scharfen, stechenden Schmerz über meinem linken Knöchel. Da ich mich gerade in der Nähe eines Himbeergestrüpps aufhielt, schenkte ich ihm im ersten Augenblick auch gar keine Beachtung.

 

Aber plötzlich überfiel mich der Gedanke: „Mein Gott, war das vielleicht eine Schlange?“ und ich sah sofort hinunter an meinem Bein und bemerkte Blut und in der Nähe ein Rascheln. Und fast im gleichen Augenblick wurde der Schmerz so scharf und schneidend und giftig, dass mir direkt der Schweiß auf die Stirn kam. Es war so schlimm, dass ich auf diesem Fuß gar nicht mehr stehen konnte, ja mich setzen musste trotz aller möglichen Gefahren, und mit einer wahnsinnigen inneren Hektik und Anspannung die Hose hoch riss und dort einen kurzen, tiefen blutenden Schnitt sah, in dem noch der Dorn einer Himbeerstaude steckte.

 

Und im gleichen Augenblick war der Schmerz, dieses glühende, brennende, giftige, vor allem aber lebensbedrohliche und überwältigende wie weggeblasen. Es war nur noch ein Ritz in meiner Haut, der nach wenigen Sekunden gar nicht mehr zu spüren war.“

 

 

 

Ergebnis: Schmerzerleben ist abhängig von der gedanklichen Bewertung des Schmerzereignisses.

 

 

 

Jungnitzsch 1992

 

 

 

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